Aufgrund einer sehr schlechten Erfahrung mit einer Krankenhausgeburt in meiner Familie befasste ich mich in der Schwangerschaft geistig sehr ausgiebig mit dem Thema „Geburt“. Gleichzeitig gab es in meinem Bekanntenkreis mehrere Frauen, die so von ihren Hausgeburten mit Elisabeth schwärmen konnten. Nach meinem ersten Treffen mit ihr war die Sache für mich klar und als nach einiger Zeit auch mein Mann der Hausgeburt zustimmte, war ich sehr erleichtert und freute mich darauf. Schon bei den Terminen vor der Geburt gab mir Elisabeth ein gutes Gefühl und stärkte mein Vertrauen in meinen Körper. Warum sollte nach 9 Monaten komplikationsloser Schwangerschaft plötzlich etwas schief gehen?
Am Nachmittag des Wehenbeginns war ich bei brütender August-Hitze unterwegs und eigentlich den ganzen Tag auf den Beinen. Nicht unbedingt, was man einer Frau einige Stunden vor der Geburt raten würde. Aber ich rechnete absolut nicht mit der Geburt und wollte um diese – meiner Meinung nach – „Übungswehen“ keine Aufregung machen. Im Nachhinein betrachtet war die erste Phase der Geburt also sehr kurzweilig für mich. Wenn man ab dem ersten Ziehen schon ständig auf die Uhr schaut und wartet, kann die Zeit bis zum wirklichen Beginn sicher lang und ermüdend sein. Am Nachhauseweg gönnte ich mir zu allem Überfluss auch noch Pommes bei McDonalds, von denen ich mich dann später wieder im Retourgang verabschiedete. Als wir gegen 21:30 zu Hause ankamen, stieg ich in die Badewanne, aber die Wehen hörten nicht auf. An Schlafen war zwar nicht mehr zu denken, aber ich war mir trotzdem total unsicher, ob DAS jetzt richtige Wehen waren und ob es wirklich bald losgehen würde. Um Mitternacht begann ich dann endgültig die Abstände zu messen und konzentrierte mich nur mehr auf meinen Körper. Nach zwei Stunden Wehen im 5-Minuten-Takt rief ich Elisabeth an. Ich hatte so viel über das Gebären gelesen und wollte es trotzdem noch nicht glauben, dass es sich um echte Geburtswehen handelte. Ich hatte mir größere Schmerzen erwartet, aber keine Sorge – die kamen schon noch. Elisabeth hatte mir am Telefon geraten, mich noch einmal hinzulegen und sie auf dem Laufenden zu halten. Um 3:30 ging Blut ab und dann wurde auch mir der Ernst der Lage klar und ich informierte Elisabeth. Um 4:45 war sie bei uns und erinnerte mich gleich an die Pferde-Atmung, um die Wehen, die mittlerweile schon häufiger und um einiges kräftiger waren, besser bewältigen zu können. Sie tastete den Muttermund ab und wir waren beide erleichtert: er war schon 6 -7 Zentimeter offen.
Sei es auf der Couch in Seitenlage oder in der Badewanne, ich war total auf mich konzentriert und mit dem Veratmen der Wehen und dem Ausruhen zwischendrin absolut ausgelastet. Was hatte ich mir im Vorfeld Gedanken über völlig unwichtige Nebensachen gemacht! Es klingt komisch, aber ich empfand die Länge jeder einzelnen Wehe als genau richtig. Sie hätte nicht länger sein dürfen, um mich nicht zu überwältigen. Am meisten genoss ich die Ruhe zwischen den Wehen. Keine lästigen Maschinen, keine überflüssigen Worte, keine fremden Menschen, keine verunsichernde Unruhe. Alles fühlte sich so „normal“ und richtig an. Zwei Mal wären Elisabeth und ich sogar beinahe eingenickt. Der einzige Störfaktor war, dass sich meine Beine und Arme durch mein Hyperventilieren zwischen den Wehen taub und prickelnd anfühlten. Durch die Anweisung, in ein Plastiksackerl zu atmen und Schütteln meiner Beine konnte Elisabeth die Beschwerden lindern. In der Austreibungsphase legten die Wehen längere Pausen ein, sodass ich schon ungeduldig auf die nächste wartete und mir ein wenig Sorgen machte. Elisabeth blieb die Ruhe in Person und gab dem Kind und mir die Zeit, die wir offensichtlich brauchten. Im Krankenhaus wäre da wohl Hektik aufgekommen. Bei den allerletzten Wehen lag Elisabeth auch wieder völlig richtig. Sie musste mich noch einmal ermuntern, wirklich alles zu geben und mich zu trauen, mit aller Kraft zu schieben.
Und dann um 8:55 war es da, unser kleines Wunder und die Zeit schien still zu stehen. In den ersten Stunden nach der Geburt verzweifelte Elisabeth fast an meinen Brustwarzen, aber mit ihrer Hilfe entwickelte sich Anja doch noch zu einer fleißigen Nucklerin. Am ersten Abend gab Anja komische, röchelnde Geräusche von sich, sodass wir nervös wurden und Elisabeth anriefen. Sie gab uns drei gute Ratschläge und bot auch an, in der Nacht noch einmal zu kommen. Das mussten wir ihr aber Gott sei Dank nicht antun. Ihre Besuche in den folgenden Tagen und Wochen genoss ich sehr. Ich war oft im Zweifel, ob mit Anja wohl alles in Ordnung ist und hatte viele Fragen. Nach ihren Besuchen ging es mir immer besser und ich fühlte mich sicherer. Als die Hausbesuche nach fünf Wochen ausliefen, war ich schon etwas traurig. Ich hätte mir gewünscht, dass sie einfach auch in Zukunft jede Woche einmal vorbeischaut.
Mittlerweile sind fast 9 Monate vergangen und Anja ist zu einem aufmerksamen, freundlichen Persönchen mit Durchsetzungsvermögen herangewachsen. Gott sei Dank weiß man nicht, was das Leben noch alles bringen wird, aber eines ist sicher: Anja hatte mit der Hausgeburt wohl den besten Start ins Leben, den man sich vorstellen kann.