Wie auch schon unser erster Sohn durfte auch dieses Kind wieder bei uns im Wohnzimmer zur Welt kommen. Diesmal hat sich unter Bauchzwerg etwas mehr Zeit gelassen. Da wir schon über dem Termin waren und ich keine unnötigen Untersuchungen beim Gynäkologen bzw. im Krankenhaus wollte, die bei Terminüberschreitung gemacht werden müssen, wurde ich auch schön langsam ungeduldig. Bei 40+5 gab es endlich die ersten Anzeichen. In der Nacht um 02:00 Uhr habe ich die ersten leichten Wellen verspürt, im Abstand von 15 min und bis zum Morgen andauernd. Ich konnte zwischendurch aber immer wieder gut einschlafen. Ebenso kam eine braune Schmierblutung hinzu.
Das war für mich das Zeichen, dass es sich um keine Übungswellen mehr handelt, sondern sich unser Baby bald auf den Weg machen wird. Um 08:00 Uhr morgens habe ich meine Hebamme Elisabeth kontaktiert und ihr von meinem Zustand berichtet. Wir haben beschlossen in Kontakt zu bleiben über den weiteren Verlauf. Unser Großer wurde am Vormittag von seiner Oma abgeholt und sollte das erste Mal bei ihr nächtigen und auch den Tag mit ihr verbringen, damit ich einfach in Ruhe für mich sein konnte. Es war zwar sehr traurig ihn so abzugeben, andererseits hab ich die Zeit auch genossen. Am Vormittag hat sich auch noch unerwartet Besuch angekündigt und das war es dann fürs erste mit den Wellen – sie sind im Nu verschwunden.
Ich bin dann noch eine große Runde spaziert und hab mich für eine Stunde hingelegt. Nach dem Schläfchen haben die Wellen wieder begonnen. Ich bin wieder eine Runde an die frische Luft gegangen, allerdings nicht mehr so weit, weil ich gefühlsmäßig nicht mehr weiter weg von zuhause wollte. Hab mich immer wieder mal hingesetzt und die herbstlichen Sonnenstrahlen genossen. Momente, die man so mit einem Kleinkind nicht hat, weil man es ständig beaufsichtigen muss. Inzwischen war es 17:00 Uhr und ich habe Elisabeth informiert, dass sich die Intensität der Wellen im Vergleich zum Vormittag verstärkt hat. Die Abstände waren aber immer noch nicht kürzer als 15 min. Da sie eine Stunde Fahrzeit von mir entfernt war, hat Elisabeth daraufhin beschlossen ihren Geburtsvorbereitungskurs abzusagen und sich auf den Weg zu mir zu machen. Da ich beim ersten Kind auch sehr lange gewartet habe sie anzurufen und sie eigentlich nur mehr in der letzten Phase da war, wollten wir beim zweiten Kind nicht zu spät dran sein. Als sie da war, hat sie festgestellt, dass der Muttermund 2 cm geöffnet war. Sie hat aber beschlossen nicht mehr nachhause zu fahren, sondern in der Nähe zu bleiben und noch einen Hausbesuch in der Umgebung zu machen.
So konnte mein Mann in Ruhe den Geburtspool einlassen und ich das Wohnzimmer stimmungsvoll herrichten mit Duftöl und Kerzenschein. Meine Geburtsmusik, mit der ich mich wochenlang auf die Geburt eingestimmt hatte, sollte das ganze Geschehen musikalisch umrahmen. Inzwischen sind die Wellen zunehmend stärker geworden und die Abstände haben sich auf 5-7 min verkürzt. Für mich war es an der Zeit Elisabeth hinzuzuholen, damit sie in Ruhe alles vorbereiten konnte. Um ca. 20:45 Uhr ist sie eingetroffen und hat die Herztöne überprüft. Auf die Untersuchung des Muttermundes hat sie verzichtet und meinte dies erst nachzuholen, wenn sich in den nächsten 1,5 Stunden nichts maßgebliches verändern sollte. Ich bin dann schon in den Geburtspool gestiegen. Es hat sich zuerst sehr warm angefühlt, aber es war sogleich sehr entspannend.
Ich konnte die Stimmung mit Musik und Kerzenschein richtig genießen und war vollkommen gelöst. Jede Welle habe ich mit vollster Entspannung veratmet und mich richtig von ihr tragen lassen. Ich war vollkommen bei mir und dem Baby und habe rundherum nur schöne Eindrücke wahrgenommen. Wunderschöne Musik, sanfter Kerzenschein, Duft nach Rosenöl, Anwesenheit von mir vertrauten Menschen wie Elisabeth und meinem Mann, die einfach nur da waren für mich und geduldig die Zeit mit mir verbracht haben. Zwischendurch habe ich immer wieder meine Blase entleert, war aber immer wieder froh zurück ins Wasser zu kommen, weil an Land alles viel intensiver zu spüren war. Irgendwann hat Elisabeth dann doch beschlossen meinen Muttermund abzutasten. Da waren es doch erst 6 cm. Das Kind hat sich also ganz gemütlich vorangetastet. Elisabeth hat sich noch ein bisschen hingelegt, damit ich durch die ständige Anwesenheit nicht gestresst werde. Mit der Zeit wurden die Wellen immer intensiver und ich habe verschiedene Positionen eingenommen und mein Becken bewegt um das Kind voranzutreiben.
Mein Tönen wurde auch zunehmend lauter. Elisabeth ist dann wieder dazugekommen. Um 23:30 Uhr ist dann meine Fruchtblase nach einem immensen Druckgefühl geplatzt. Ich habe meine Gebärposition im Geburtspool eingenommen und das Gefühl zum Mitschieben bekommen. Von da an habe ich, wie auch schon beim ersten Kind, jegliche Entspannung und Kontrolle über meinen Körper verloren. Ich konnte das Kind weder hinaus atmen noch meine Urkräfte, die mich in diesem Moment überfallen hatten, unterdrücken. Es war einfach eine immense Kraft, die in meinem Körper nach unten arbeitete. Ich wollte endlich den Kopf gebären, damit dieser riesige Druck aufhört und dann war es auch geschafft. Das Gefühl, wenn das Köpfchen geboren wird, ist unbeschreiblich. Ich habe den Kopf und die Haare gespürt, obwohl ich nicht hin gefasst habe. Ich war zu verkrampft um meine Hände nach unten zu führen.
Um 23:50 Uhr, mit der nächsten Welle war auch schon der restliche Körper geboren und Elisabeth hat mir mein Baby auf die Brust gelegt. Die Erleichterung und Freude war groß und ich wollte unbedingt wissen, was es ist – ein Junge. Serafin sollte er heißen. Elisabeth hat gemeint, dass er nicht der Kleinste wäre und er hatte auch 3.800 g, wie sich später herausgestellt hatte und war 53 cm groß. Innerhalb kürzester Zeit hat er auch selbst getrunken und wurde, sobald die Nabelschnur auspulsiert hatte, abgenabelt. Die Plazenta wurde dann auch noch problemlos geboren. Wir sind dann auf die Couch gesiedelt und haben ausgiebig gestillt und unseren zweiten Sohn bewundert. Nach einer halben Ewigkeit wurde dann mein Damm auf Verletzungen untersucht, aber es war alles unversehrt. Gefühlsmäßig hat es mich zerrissen, aber durch das Wasser, in dem ich drei Stunden verbracht habe, war das Gewebe so entspannt, dass nichts passiert ist.
Im Nachhinein war es zwar nicht weniger schmerzhaft als beim ersten Kind am Gebärhocker, dennoch stelle ich mir eine Geburt im Trockenen im Vergleich viel unangenehmer vor. Danach wurden unser Serafin und die Plazenta noch untersucht, bevor wir allesamt ins Familienbett im Schlafzimmer übersiedelt sind. Zwei Stunden nach der Geburt hat uns Elisabeth alle wohlversorgt verabschiedet und wir durften nun um ein Familienmitglied reicher ins Land der Träume eintauchen. Für uns war es wieder eine wunderschöne Erfahrung und wir können gar nicht ausdrücken, wie sehr uns diese Erfahrung im Leben nachhaltig bereichert hat. Ein unvergesslicher Moment mit bleibendem Eindruck – ein Leben lang.